Und welche Fehler du vermeiden solltest.

Geld – das letzte große Tabu?

Die Zeiten, in denen Frauen kein eigenes Konto eröffnen durften, sind zum Glück seit 1962 vorbei.

Dennoch sind insbesondere Mütter, die nach der Geburt der Kinder weniger arbeiten, von ihren Männern abhängig.

Sie verlassen sich auf ihren Partner, dass sie im Alter von seiner Rente etwas „abbekommen“.

Leider fällt es den meisten Frauen schwer, mit ihrem Partner über Finanzen zu reden oder gar Forderungen zu stellen, einen finanziellen Ausgleich für ihre Rentenlücke zu erhalten.
Mit drastischen Folge: deutsche Frauen sind finanziell abhängig von Männern wie in kaum einem anderen Industrieland – und ihr Armutsrisiko dementsprechend groß. Noch härter trifft es die Alleinerziehenden: 40 Prozent von ihnen sind arm.

Die Statistik zeigt, dass Frauen oft so wenig Rente bekommen, dass sie davon kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Durchschnittlich betrug die monatliche Rente von Frauen in den alten Bundesländern 2018 nur 622€, während Männer 1095€ erhielten (neue Bundesländer: 928€/1198€. Quelle: Deutsche Rentenversicherung, Stand Juli 2019)

Dafür gibt es zwei Gründe:

1. Der Gender Pay Gap: Für die gleiche Arbeit erhalten Frauen rund 6% weniger Gehalt als Männer. Im Laufe des Erwerbslebens bekommen Männer bis zu 40 Prozent mehr Gehalt, und ihre Altersbezüge sind folglich bis zu 60 Prozent höher. Folglich können sie auch mehr Geld sparen und anlegen. Dabei sind die Gehaltsunterschiede zu Beginn des Berufslebens gar nicht so hoch. Bis die Kinder kommen.

2. Frauen steigen meistens länger aus dem Job aus, sobald sie Kinder bekommen, oder arbeiten länger in Teilzeit. Entsprechend weniger zahlen sie für ihre Altersvorsorge ein.

Das Elterngeld hat bis jetzt leider wenig an diesen Verhältnissen geändert. Und konservative Gesetze wie das Ehegattensplitting zementieren das alte Rollenbild zwischen Frau und Mann. Vielleicht hast du auch schon oft von Freundinnen gehört, der Mann verdiene ja mehr, daher mache er keine Elternzeit..?

Klar, wenn eine Frau bewusst sagt, ich möchte lieber mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen, und nach der Elternzeit nicht wieder Vollzeit arbeiten, ist das völlig in Ordnung. Das ging mir nach der Geburt meiner Kinder genauso. Ich plädiere nur für einen fairen Umgang in der Partnerschaft: über Geld sprechen. Die Haushaltskosten fair verteilen. Einen finanziellen Ausgleich für die Rentenlücke vereinbaren. Finanziell unabhängig sein.

Was bedeutet finanzielle Selbstbestimmung eigentlich?

Sicherlich für jeden was anderes. Für mich bedeutet sie, dass ich mehr Zeit für meine Familie, mit Freund:innen und für mich habe. Nicht bis zur Rente und darüber hinaus Vollzeit arbeiten muss. Sicherheit und Freiheit.

 

Fünf Tipps, wie du deine Finanzen in Angriff nimmst

 

Es muss nicht schwer sein, deine eigenen Finanzen und die Altersvorsorge in den Griff zu bekommen.  Mir reicht mittlerweile eine Stunde pro Monat, um meine Geldanlage zu managen. Zwölf Stunden pro Jahr für den Vermögensaufbau –  das kriegst du auch hin!  Das bedeutet aber, dass du anfangs mit einem gewissen Zeitinvestment rechnen solltest. Denn ich rede hier nicht vom Lottospielen, sondern davon, wie du langfristig erfolgreich Vermögen aufbauen und für dein Alter vorsorgen kannst.

Am besten schreibst du dir mal ganz bewusst einen Termin in deinen Kalender. Später, wenn dein eigenes Finanzsystem erstmal steht, läuft es mehr oder weniger automatisiert und du musst nicht mehr viel Zeit investieren. (Außer, es macht dir plötzlich auch so viel Spaß wie mir und du startest einen Blog 🙂

1. Finde dein „WARUM“

Überlege dir mal ganz in Ruhe: was motiviert dich, mit deinem Vermögensaufbau zu starten? Was wünscht du dir schon lange? Wie soll deine Zukunft aussehen? Wie möchtest du im Alter leben? Stelle dir ganz genau vor: wie soll deine Wohnung oder dein Haus aussehen, womit und mit wem verbringst du deine Zeit….

Notiere deine Wünsche so genau wie möglich, denn das ist wie bei einem Navi: je genauer du die Zieladresse eingibst, desto einfacher und schneller findest du den Weg. Sobald du deine Wünsche definiert hast, wird es dir leichter fallen, dich um deine Finanzen zu kümmern. Deine Wünsche sind dein Warum, dein Antrieb, der dich ans Ziel bringt!

2. Checke deine Einnahmen und Ausgaben!

Zuerst musst du herauszufinden, wieviel Geld du im Monat zur Verfügung hast und wieviel du ausgibst. Die großen Posten wie Miete, Versicherungen, Abos usw. findest du leicht in deinen Kontoauszügen. Interessant sind aber die kleinen Ausgaben zwischendurch: der Coffee-to-Go beim Spazierengehen, die Brezel zwischendurch für die Kinder und die neuen schicken Sommersandalen im Sale.

Es gibt mittlerweile tolle Haushaltsapps, mit denen du die Ausgaben sofort eintragen kannst.  Ich habe es mir angewöhnt, nach dem Bezahlen im Supermarkt den Betrag sofort in die App einzutragen. Dadurch spare ich mir das lästige Kassenzettel-sortieren-und-in-eine-Excel-Liste-eintragen zu Hause.

Ein Haushaltsbuch hat auch einen positiven Nebeneffekt: du wirst automatisch sparsamer, weil du anfängst dir zu überlegen, ob der Coffee-to-go wirklich nötig ist, oder ob du dir ab und zu auch einen Kaffee von zu Hause mitnimmst.

Übrigens führe ich mittlerweile kein Haushaltsbuch mehr. Ich kenne nun meine Ausgaben und durch die Lust am Investieren gehe ich automatisch achtsamer mit meinem Geld um.

3. Spare für dein Ziel!

Sparen bedeutet nicht, dass du dir nichts mehr gönnen darfst. Es geht vielmehr um einen bewussten Umgang mit deinen Konsum-Gewohnheiten – weniger ist mehr! Der Latte to go, noch ein Paar Schuhe im Sale, fertiger Salat aus der Kühltheke. Überlege bei jedem Kaufwunsch, ob du das Produkt wirklich brauchst oder ob das emotionales Shopping ist. Hast du einen echten Bedarf, oder verführt dich gerade deine Gefühlswelt?

Wenn du dabei an dein Ziel – dein WARUM – denkst, wird dir der freiwillige und bewusste Verzicht bald mehr Spaß machen, als du jetzt vielleicht denkst.

Jedes Ding, was du nicht erwirbst, schont deinen Geldbeutel und die Umwelt!

4. Lege dir einen Notgroschen zu

Ein Notgroschen schützt dich vor kleineren oder größeren finanziellen Notfällen. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass nicht nur die Waschmaschine kaputt gehen kann, sondern auch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit drohen können. Für solche Fälle solltest du dich mit deinem Notgroschen absichern.

Bei der Höhe des Notgroschens scheiden sich die Geister: viele sehen als Minimum die Summe, die du in zwei bis drei Monaten verbrauchst. Also, falls du in deinem Haushaltsbuch herausgefunden hast, dass du im Monat für Miete, Versicherungen, Lebensmittel, Kleidung 1200€ ausgibst, könnte dein Notgroschen 2400€-3600€ betragen.

Betrachte aber lieber deine individuelle Lebenssituation und entscheide dann: wie hoch sind deine monatlichen Fixkosten? Hast du einen hohen Kredit für eine Immobilie? Hast du Kinder?  Wie sicher ist dein Arbeitsplatz (oder gegebenenfalls der deines Partners/deiner Partnerin)? Sprich, mit wieviel Notgroschen fühlst du dich wohl?

Spare dieses Geld auf einem Extra-Konto an,  wie etwa ein Tagesgeldkonto, an das du jederzeit rankommst. Aber gib es nur im absoluten Notfall aus und fange dann wieder neu an zu sparen.

5. Investiere an der Börse!

Wenn du deinen Notgroschen aufgebaut hast, kannst du mit dem Investieren an der Börse starten.

Oops, warum investieren?

Auf einem Sparbuch erhältst du zurzeit quasi keine Zinsen mehr. Wenn du eine höhere Rendite willst, kommst du an Aktien nicht vorbei.
Die gute Nachricht: es gibt eine Möglichkeit, wie du breit gestreut an der Börse investieren UND nachts ruhig schlafen kannst: Exchange Traded Funds (ETFs)

Anfangs dachte ich auch „WTF??“ – aber keine Sorge, ETF klingt komplizierter als es ist.

Stell dir mal ein großes Blumenbeet vor und jede Blume steht für eine andere Aktie. Wenn eine einzelne Blume nicht blüht, fällt es im Beet nicht so sehr auf. Hättest du nur diese eine Blume (= eine Aktie) gepflanzt, hättest du einen Verlust gemacht. Aber da alle anderen Blumen im Beet wachsen und gedeihen, gleichen sie die eine „schlechte“ Blume aus.

So ungefähr funktioniert ein ETF: er bildet einen Börsenindex passiv nach, also eine Liste mit vielen vielen Aktien. Einer der beliebtesten ETFs, der MSCI World, beinhaltet über 1600 Aktien. Du streust also dein Risiko sehr breit, denn falls nun eines der Unternehmen schlechter läuft, betrifft das den Wert deines ETFs nur minimal.

Wenn du dich vor der Börse scheust, kannst du mit einer kleinen Summe starten, um dich daran zu gewöhnen und sicherer zu werden.

Der einfachste Einstieg für die Anlage in Aktien-ETF ist über einen ETF-Sparplan. Hier kannst Du auch schon kleine Beträge ab 10 EUR monatlich sparen. Klar, davon wird niemanden reich. Aber viel wichtiger ist das SICH-TRAUEN und einen Einstieg finden für deinen Vermögensaufbau und deine Altersvorsorge.

Wenn du dich dann nach ein paar Wochen etwas sicherer fühlst mit deinem ETF-Sparplan, kannst du jederzeit die Sparrate erhöhen.

Falls dir Nachhaltigkeit auch bei der Geldanlage wichtig ist, findest du hier Tipps, wie du den für dich richtigen nachhaltigen ETF findest.

Tipp für Mutige:
Du kannst den zweiten und dritten Schritt auch gleichzeitig umsetzen. Während du also deinen Notgroschen zusammensparst, kannst du schon mit einem kleinen 25€-Sparplan pro Monat anfangen, in einen ETF zu investieren. Dies hat den Vorteil, dass du schneller zum Börsen-Geek wirst und auch den Zinseszinseffekt besser nutzt.

 

Typische Anfängerinnen-Fehler

 

Ja ja, wir sollten uns kümmern. Weil die Altersvorsorge nicht reicht. Weil Frauen im Schnitt weniger als 700€ gesetzliche Rente bekommen. Pro Monat!
Trotzdem machen wir typische Fehler  (die ich auch lange Zeit gemacht habe):

Fehler Nr. 1: Du lässt dich von negativen Glaubenssätzen blockieren

Du denkst, dass du von Finanzen keine Ahnung hast? Oder dass du in der Schule schlecht in Mathematik warst, und deshalb das Thema Geldanlage nicht verstehst?

Das ging mir früher auch so. Außerdem dachte ich: Aktien sind doch nur was für Ausbeuter und Reiche….? Puh, da musste ich erstmal an meinen Glaubensätzen über Geld arbeiten!

Geld ist eines der umstrittensten Themen, das ich kenne (okay, vielleicht noch Stillen, Impfen und welche Schule die beste ist :). „Über Geld spricht man nicht“, heißt es, oder „Geld verdirbt den Charakter“. Kennst du auch solche Sätze? Ob wir es wollen oder nicht: Die Eltern prägen stark unseren Umgang mit Geld. Und auch Freund:innen haben einen großen Einfluss auf unsere Denkweise. Dabei ist Geld weder schlecht noch gut, sondern nur das, was wir daraus machen.

Aber wenn Geld ein Mittel für deine finanzielle Unabhängigkeit ist, ist es sicherlich etwas Gutes, oder?

Mein Tipp: wirf deine negativen Glaubenssätze über Bord, indem du sie positiv umformulierst. 

Zum Beispiel:
Geld macht mein Leben sorgenfreier und leichter.
Geld gibt mir die Möglichkeit, auch anderen Menschen zu helfen und Gutes zu tun.
Geld hilft mir, besser für meine Gesundheit zu sorgen.

Klar, das funktioniert nicht von heute auf morgen. Aber sprich doch mal deinen Partner oder deine Freundinnen darauf an. Glaubenssätze über Geld sind ein spannendes Gesprächsthema!
Du wirst erstaunt sein, was da alles rauskommt, worüber viele Leute normalerweise nicht sprechen…

Wenn du Lust hast, noch tiefer in das Thema Glaubenssätze einzutauchen, habe ich hier 3 Schritte für dich, wie du deine negativen Glaubenssätze überwinden kannst.

Fehler Nr. 2: Du überlässt die Finanzen deinem Partner / deiner Partnerin

Viele Frauen wissen nicht, wie es um ihre Finanzen bestellt ist. „Mein Mann kümmert sich um unsere Finanzen, er verdient ja auch mehr“, höre ich oft. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums verdienen 63 Prozent der verheirateten Frauen weniger als 1000 Euro pro Monat. Folglich zahlen sie auch kaum etwas für ihre Altersvorsorge ein. Im Falle einer Trennung stehen sie völlig ahnungslos da und wissen nicht, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen.  Und seit 2008 bekommt eine geschiedene Frauen keinen Unterhalt mehr für sich, sondern nur für die Kinder. Sind die Kinder groß, muss die Frau arbeiten gehen. Das ist leichter gesagt als getan, wenn sie wegen der Kinder jahrelang aus ihrem Beruf draußen war und nun keinen Einstieg mehr findet.

Fehler Nr. 3: Du verlässt dich auf deine Bank- oder Anlageverkäufer*in und kaufst überteuerte Rentenprodukte

In Verkaufsgesprächen, die Beratungsgespräche genannt werden, erwecken Bankverkäufer:innen oft den Eindruck, dass Geldanlagen sehr kompliziert sind, du dich aber nicht auskennen musst, weil sie in deinem Sinne dein Geld anlegen. Dass du dafür hohe Provisionen zahlen musst und du dein Geld auch selber an der Börse investieren könntest, wird verschwiegen. Deshalb nenne ich Bankberater auch Verkäufer.

Banken müssen ja auch von etwas leben, denkst du jetzt? Ja das stimmt, aber warum von deinen Provisionen? Banken arbeiten ja auch mit dem Geld, das auf ihren Konten liegt, und verdienen daran gut.

Die sogenannten Profis verteilen dein Geld auch nur auf Aktien, Anleihen, Immobilien oder Rohstoffe. Das kannst du auch! Und sogar besser, weil du Expert:in  für dein Leben bist und weißt, nach welchen Werten du dein Geld anlegen willst.

Fehler Nr. 4: Du verschließt die Augen vor künftigen Problemen

Viele Frauen – ich auch – arbeiten nach der Geburt der Kinder in Teilzeit und nehmen das geringere Einkommen in Kauf. Klar, sie wissen schon, dass die Rente von Jahr zu Jahr weniger wird und dass sie zusätzlich sparen müssen, um die Rentenlücke auszugleichen.

Aber du hast keine Zeit, neben Kindern, Haushalt und Job, dich um deine Altersvorsorge zu kümmern? Stopp – „keine Zeit“? Dann gebe ich dir hier einen liebevoll gemeinten „Tritt in den Allerwertesten“: es ist immer eine Sache deiner Prioritäten.

Du hast Zeit für die allabendliche Serie auf Netflix, die wöchentliche Yogastunde und nimmst den Umweg zum Bioladen in Kauf? Dann plane dir auch mal eine Stunde ein, um einen Kassensturz zu machen, alte Verträge checken, ein Depot zu eröffnen. Schreib dir den Termin am besten in den Kalender.

Jaaa ich weiß, ich hatte da früher auch Lust drauf. Aber denk an den jährlichen Zahnarzttermin fürs Bonusheft, da führt auch kein Weg dran vorbei. Und vielleicht gehts dir ja wie mir – ist erstmal der innere Schweinehund besiegt, können Finanzen auch Spaß machen!

„Die beste Zeit, einen Baum anzupflanzen, war vor 20 Jahren. Die zweitbeste ist jetzt!“

Chinesisches Sprichwort.